Pflanzenskulptur im Wasserbecken des Parks von Stift Melk
2006
Neubau
Im Jahr 2006 legte Christian Philipp Müller im barocken Wasserreservoir auf der obersten Etage des Melker Stiftsgarten eine Living Sculpture an. Mit einer schlichten Metallwanne auf Betonsockel, nach den idealen Proportionsgesetzen des Goldenen Schnitts eingerichtet, brachte Müller die Ästhetik der Minimal Art in ihrer ganzen formalen Tragweite zur Geltung und inszenierte ein Gemüsebeet als veränderliche, prozessuale Skulptur.
Thema des Arrangements, das an ein niederländisches Stillleben erinnert, sind Pflanzen, die Seefahrer und später die Botaniker Europas von ihren Entdeckungsfahrten und naturwissenschaftlichen Expeditionen mitgebracht haben: Kartoffeln und Melonen, Indianermais und Stangenbohnen, Kürbis, Topinambur und Amarant sowie zahlreiche Paradeisersorten. In schlichter Schönheit unterwirft sich die Arbeit dem Kreislauf der Natur, verändert sich mit den Jahreszeiten und spannt den kulturhistorisch-geografischen Raum zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Europa und Amerika auf.
Müller bietet eine Fülle von Verweisen an: Klostergärten als Orte der Versorgung mit Nahrung und Heilkräutern, den intellektuellen Komplex der Benediktiner und ihr barockes Gesamtkunstwerk, Orientalismus und die Sehnsucht nach fernen Ländern, wie sie Johann Wenzel Bergl 1764 im Gartenpavillon formuliert: In einer üppig wuchernden Pflanzenwelt wird alles Fremde in einer großartigen Raumillusion vereint. […]
Die Neue Welt wurde im Auftrag von Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich für Stift Melk produziert. Für die architektonische Umsetzung zeichnen Jabornegg & Pálffy verantwortlich. Seit 2007 besorgt die evn sammlung die notwendige jährliche Bepflanzung und organisiert das Erntedankfest mit dem Künstler.
Text: Brigitte Huck
LIT: evn collection 2006-2011, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2011. p. 137-140.